Bereits in den Ergebnissen des Koalitionsausschusses vom 3. September 2022 unter der Überschrift „Deutschland steht zusammen. Maßnahmenpaket des Bundes zur Sicherung einer bezahlbaren Energieversorgung und zur Stärkung der Einkommen.“ (sog. Entlastungspaket III, Ziffer 8) ist nachzulesen: „Um eine Steuererhöhung aufgrund der Inflation zu verhindern („kalte Progression“), werden die Tarifeckwerte im Einkommenssteuertarif angepasst. Davon profitieren ab dem 1. Januar 2023 rund 48 Millionen steuerpflichtige Bürgerinnen und Bürger – Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Rentnerinnen und Rentner, Selbstständige sowie Unternehmerinnen und Unternehmer. Wenn im Herbst Progressionsbericht und Existenzminimumbericht vorliegen, werden die Werte angepasst.“
Die Umsetzung erfolgt mit dem „Gesetz zum Ausgleich der Inflation durch einen fairen Einkommensteuertarif sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (Inflationsausgleichsgesetz – InflAusG), der entsprechende Entwurf ist am 14. September 2022 vom Bundeskabinett verabschiedet worden. Für den Gesetzentwurf wurden zunächst die Daten der Frühjahrsprojektion der Bundesregierung zugrunde gelegt.
Das Bundeskabinett hat am 2. November 2022 die Entwürfe des 5. Steuerprogressionsberichts und des 14. Existenzminimumberichts beschlossen. Wie zu erwarten war, mussten im laufenden parlamentarischen Verfahren zum Inflationsausgleichsgesetz noch verfassungsrechtlich erforderliche Anpassungen umgesetzt werden.
Solidaritätszuschlag: Im laufenden Gesetzgebungsverfahren kam – erstmalig seit der Teilabschaffung des Solis – auch noch eine Anhebung des Freibetrags von bisher 16.956 EUR auf 17.543 EUR (2023) und 18.130 EUR (ab 2024) hinzu; bei Zusammenveranlagung gilt jeweils das Doppelte, also von bisher 33.912 EUR auf 35.086 EUR (2023) und 36.260 EUR (ab 2024).
Der Bundestag hat das Inflationsausgleichsgesetz am 10. November 2022 in 2./3. Lesung verabschiedet, der Bundesrat hat ihm am 25. November 2022 seine Zustimmung erteilt. Nach der Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten ist es am 13. Dezember 2022 im Bundesgesetzblatt verkündet worden und tritt somit wie geplant in Kraft. Bei den nachfolgend genannten Beträgen handelt es sich somit um den endgültigen Stand.
Bereits mit dem Steuerentlastungsgesetz 2022 erfolgte rückwirkend zum 1. Januar 2022 eine Anhebung des steuerlichen Grundfreibetrags auf 10.347 EUR. Diese sollte dem teilweisen Ausgleich der „kalten Progression“ unter Berücksichtigung der tatsächlichen Inflationsrate 2021 bzw. der geschätzten Inflationsrate 2022 dienen. Die entsprechend geänderten Programmablaufpläne waren seit dem 1. Juni 2022 anzuwenden.
Mit dem Inflationsausgleichsgesetz wird der für den Veranlagungszeitraum 2023 geltende Einkommensteuertarif normiert. Dabei wird der steuerliche Grundfreibetrag zum 1. Januar 2023 um 561 auf 10.908 EUR erhöht (und zum 1. Januar 2024 um weitere 696 auf 11.604 EUR).
Wie üblich werden auch die übrigen Eckwerte des Einkommensteuertarifs – mit Ausnahme des Eckwerts der sog. „Reichensteuer“ – nach rechts verschoben. Dadurch soll die Freistellung des Existenzminimums sichergestellt und trotz steigender Inflation eine lediglich progressionsbedingt höhere Einkommensbesteuerung verhindert werden.
Der Freibetrag für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) soll für die Jahre 2022, 2023 und 2024 angepasst werden:
Im Hinblick auf die geringfügigen Auswirkungen durch die Anhebung des Kinderfreibetrags um 160 EUR wird auf eine Berücksichtigung beim Lohnsteuerabzug für das Jahr 2022 verzichtet – betroffen sind ohnehin nur die Zuschlagsteuern, also Kirchensteuer und ggf. Solidaritätszuschlag.
Vor dem Hintergrund des Abschlusses des Gesetzgebungsverfahrens zum Ende des Jahres 2022 wird damit auch eine unverhältnismäßige Belastung der Arbeitgeber vermieden, die durch Korrekturen der Entgeltabrechnungen eintreten würde. Den Steuerpflichtigen bleibt es unbenommen, durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2022 den Ansatz des erhöhten Kinderfreibetrags geltend zu machen.
Derzeit beträgt das Kindergeld monatlich für das erste und zweite Kind jeweils 219 EUR, für das dritte Kind 225 EUR und für das vierte und jedes weitere Kind jeweils 250 EUR. Die Höhe des Kindergeldes ist gestaffelt nach der Anzahl der Kinder in der Reihenfolge der Geburten (Ordnungszahl).
In der Reihenfolge werden auch die Kinder mitgezählt, für die der berechtigte Elternteil nur deshalb keinen Anspruch hat, weil für sie der Anspruch vorrangig einem anderen Elternteil zusteht oder weil wegen des Vorliegens eines Ausschlusstatbestandes oder entsprechender Vorschriften des über- und zwischenstaatlichen Rechts der Anspruch auf Kindergeld ausgeschlossen ist (sog. Zählkinder).
Zur spürbaren Entlastung von (Mehrkind-)Familien infolge der deutlich gestiegenen Lebenshaltungskosten wird das Kindergeld vom 1. Januar 2023 an auf 250 EUR im Monat einheitlich für jedes Kind erhöht.
Mit der Erhöhung ist also eine betragsmäßige Angleichung der bisherigen Kindergeldstaffelung verbunden. Mit den nunmehr einheitlichen Sätzen für jedes Kind verringert sich die sog. „Zählkinder-Problematik“. Dadurch entfällt künftig bürokratischer Aufwand, der bislang mit der Wahlmöglichkeit verbunden ist, durch einen Wechsel des Berechtigten für ein bestimmtes Kind aufgrund vorhandener Zählkinder höheres Kindergeld zu erhalten.
Laut Gesetzesbegründung sollen mit Blick auf den im aktuellen Koalitionsvertrag verankerten „Neustart der Familienförderung“ und der damit einhergehenden Leistungsbündelung in einem ersten Schritt die unterschiedlichen Kindergeldhöhen abgebaut werden. Dies führt – neben der Vereinfachung des Antrags- und Verwaltungsverfahrens – zu einer gerechteren Vergleichsberechnung mit dem Kinderfreibetrag, dessen Höhe ebenfalls für jedes Kind einheitlich ist.
[Bearbeitungsstand: 13.12.2022]