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Bundesgesundheitsministerium beruft Kommissionen
Die neue Bundesgesundheitsministerin, Nina Warken (CDU), hat den Finanzsorgen der Krankenkassen wenig entgegenzusetzen. Schließlich beschränkt sich ihr Auftrag zunächst einmal nur darauf, zwei Kommissionen einzusetzen und sich Vorschläge unterbreiten zu lassen. Im Koalitionsvertrag für die 21. Legislaturperiode heißt es dazu (Ziffer 4.2):
"Hohe Defizite prägen derzeit die Finanzsituation der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der sozialen Pflegeversicherung."
GKV: „… werden wir eine Kommission unter Beteiligung von Expertinnen und Experten und Sozialpartnern einrichten. Wir wollen, dass die Kommission die gesundheitspolitischen Vorhaben dieses Koalitionsvertrags in der Gesamtwirkung betrachtet und bis zum Frühjahr 2027 Ableitungen trifft und konkrete weitere Maßnahmen vorschlägt.“
SPV: „… mit einer großen Pflegereform angehen. … Die Grundlagen der Reform soll eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe auf Ministerebene unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände erarbeiten. … Die Kommission legt ihre Ergebnisse noch 2025 vor."
- Laut Haushaltsplanung 2026 soll ein zinsloses Darlehen an den Gesundheitsfonds in Höhe von 2,3 Mrd. Euro geleistet werden. Der Haushaltsansatz inklusive des seit 2017 gesetzlich festgeschriebenen Bundeszuschusses (14,5 Mrd. Euro) beträgt für 2026 also 16,8 Mrd. Euro.
- Die Krankenhäuser erhalten gemäß Haushaltbegleitgesetz 2025 befristete Rechnungszuschläge in Höhe von 3,25 % vom 1. November 2025 bis zum 31. Oktober 2026. Zur pauschalen Refinanzierung dieser „Sofort-Transformationskosten“ werden aus dem sog. Sondervermögen ergänzende Bundeszuschüsse an den Gesundheitsfonds in Höhe von 1,5 (2025) und 2,5 (2026), also insgesamt 4,0 Mrd. Euro gewährt (§ 221a SGB V).
- Darüber hinaus hat das Bundeskabinett am 15. Oktober 2025 Einsparmaßnahmen im Umfang von 2,0 Mrd. Euro beschlossen. Demnach sollen die Vergütungsanstiege im Krankenhausbereich auf die reale Kostenentwicklung (Volumen: 1,8 Mrd. Euro) und die Verwaltungskosten der Krankenkassen (0,1 Mrd. Euro) im Jahr 2026 begrenzt sowie das Fördervolumen des Innovationsfonds reduziert (0,1 Mrd. Euro) werden.
Insgesamt will man damit das Finanzdefizit in der GKV im nächsten Jahr decken. Insofern ist am 10. November 2025 die Bekanntmachung des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes (gemäß § 242a Abs. 2 SGB V) für das Jahr 2026 im Bundesanzeiger erfolgt. Mit 2,9 Prozent folgt das Bundesgesundheitsministerium den Ergebnissen des GKV-Schätzerkreises vom 14./15. Oktober 2025.
FinanzKommission Gesundheit (FKG)
Der Arbeitsauftrag datiert vom 8. September 2025, vier Tage später berief Bundesgesundheitsministerin Nina Warken die Mitglieder der FinanzKommission Gesundheit (FKG). Sie sollen Maßnahmen für eine dauerhafte Stabilisierung der Beitragssätze in der GKV erarbeiten.
Relativ dezidiert und weitgehend ohne Vorfestlegungen werden die Arbeitsaufträge beschrieben – für Details sei an dieser Stelle auf den Arbeitsauftrag vom 8. September 2025 im vollen Wortlaut verwiesen.
Zur fachlichen und administrativen Unterstützung der Kommissionsarbeit wurde eine Geschäftsstelle im BMG eingerichtet. Sofern bei ausgewählten Einzelfragen notwendig, können externe Studien und Gutachten in Auftrag geben oder weitere Wissenschaftler und/oder Praktiker beratend hinzugezogen werden.
Besetzung der Kommission
Die Kommission ist mit Vertretern der Wissenschaft – insbesondere aus den Bereichen Ökonomie, Medizin, Sozialrecht, Ethik und Prävention besetzt. Sie wurden derart ausgewählt, dass einschlägige Expertise in allen relevanten Finanzierungsthemen sichergestellt ist. Daher liegt der Schwerpunkt auf Wissenschaftlern mit ökonomischer Expertise.
Die Mitglieder der FinanzKommission Gesundheit sind:
- Frau Prof. Dr. Dagmar Felix (Professorin für Öffentliches Recht mit dem Schwerpunkt Sozialrecht, Universität Hamburg)
- Herr Prof. Dr. med. Ferdinand Gerlach (Professor für Allgemeinmedizin und Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt/Main)
- Herr Prof. Dr. Wolfgang Greiner (Professor für Gesundheitsökonomie und Gesundheitsmanagement, Universität Bielefeld)
- Herr Prof. Dr. Michael Laxy (Professur für Public Health und Prävention, Technische Universität München)
- Herr Prof. Dr. Jonas Schreyögg (Professor für Management im Gesundheitswesen, Universität Hamburg)
- Frau Prof. Dr. Leonie Sundmacher (Professorin für Gesundheitsökonomie, School of Medicine & Health, Technische Universität München)
- Herr Prof. Dr. Gregor Thüsing (Professor für Arbeitsrecht und Direktor des Instituts für Arbeitsrecht und das Recht der sozialen Sicherheit, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn)
- Frau Prof. Dr. Verena Vogt (Professorin für Quantitative Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Jena)
- Frau Prof. Dr. Dr. Eva Winkler (Onkologin und Professorin für Translationale Medizinethik, Universität Heidelberg)
- Frau Prof. Dr. Amelie Wuppermann (Professorin für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Finanzwissenschaft, Universität Bayreuth)
Berichte der Kommission
Die Berichte der FKG sollen dem Bundeskabinett zur Kenntnis vorgelegt werden. Daran anknüpfend wird innerhalb der Bundesregierung über die Finanzierbarkeit und Umsetzung beraten und entschieden.
Krankenkassen verklagen den Bund
Der Bund zahlt jedes Jahr 10 Mrd. Euro zu wenig an die gesetzlichen Krankenkassen für die gesundheitliche Versorgung der Bezieher von Bürgergeld (künftig: Grundsicherungsgeld). Seit über 15 Jahren weist der GKV-Spitzenverband auf diese systematische Unterfinanzierung zulasten der GKV hin. Geändert hat das bisher nichts.
Die Folge sind höhere Arbeitskosten für die Unternehmen und weniger Netto vom Brutto für die Beschäftigten. Dieses Vorgehen der Bundesregierung schadet dem Wirtschaftsstandort Deutschland, denn so wird Arbeit immer teurer.
Deshalb hat der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes Mitte September in nicht-öffentlicher Sitzung beschlossen, Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen der systematischen Unterfinanzierung der gesundheitlichen Versorgung von gesetzlich versicherten Beziehern von Grundsicherung nach dem SGB II zu erheben – Hintergrundinformationen ergeben sich aus der Pressemitteilung vom 11. September 2025.
Pressekonferenz am 11. September 2025: Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen der systematischen Unterfinanzierung der gesundheitlichen Versorgung von gesetzlich versicherten Bürgergeldbeziehenden
Quelle: GKV-Spitzenverband 2025
Zukunftspakt Pflege – Bund-Länder-Arbeitsgruppe
In einer gemeinsamen Sitzung hat sich am 7. Juli 2025 die Bund-Länder-Arbeitsgruppe (BLAG) in Berlin konstituiert und sich auf das weitere Vorgehen für eine Reform der Pflegeversicherung verständigt. Bis Ende des Jahres soll die Arbeitsgruppe „Zukunftspakt Pflege“ gemeinsame Eckpunkte vorlegen, die im kommenden Jahr in ein Gesetzgebungsverfahren einfließen. Hierzu wurden zwei Facharbeitsgruppen gebildet. Alle Maßnahmen stehen laut Koalitionsvertrag unter Finanzierungsvorbehalt.
Sachstandsbericht
Am 13. Oktober 2025 wurden „erste Zwischenergebnisse“ bekannt gemacht (Sachstandsbericht für die 2. Sitzung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Zukunftspakt Pflege“).
- Zu der zuvor kontrovers diskutierten Streichung von Pflegegrad 1 kommt es danach wohl nicht. Laut Zwischenbericht empfiehlt die Fach-AG den Ministern und Senatoren, die für den Entlastungsbetrag im Pflegegrad 1 eingesetzten Mittel zukünftig ganz oder teilweise in eine frühe fachpflegerische, präventionsorientierte Begleitung von Pflegebedürftigen, die es in dieser Form bisher nicht gibt, in diesem Pflegegrad zu verwenden (im Sinne einer „Umwidmung“).
- Offen bleibt, wie mit versicherungsfremden Leistungen umgegangen werden soll. Pflegekassen und Sozialverbände mahnen, der Bund müsse die rund 5,6 Mrd. Euro Corona-Kosten an die Kassen zurückerstatten. Die Mittel waren in der Pandemie-Zeit aus dem Ausgleichsfonds der Pflegekassen entnommen worden. Die Länder sehen eine kurzfristige Stabilisierung der Finanzlage der Pflegeversicherung nur dann als erreichbar an, wenn die ihr auferlegten versicherungsfremden Leistungen konsequent aus Steuermitteln finanziert werden.
- Eher unkonkret sind die Aussagen zum Pflegevorsorgefonds. In diesem wird ein Anteil von 0,1 Prozentpunkten der Pflegebeiträge pro Jahr angelegt. Für die Zeit, wenn die rund 20 Mio. Babyboomer das pflegebedürftige Alter erreichen, sind mittlerweile gut 10 Mrd. Euro angespart. Der Zwischenbericht könnte darauf hindeuten, dass dem Fonds künftig weniger Mittel zufließen – oder ihm Mittel entnommen werden sollen.
Hinweis:
Weitere Informationen, sowohl zur FinanzKommission Gesundheit (FKG) als auch zum Zukunftspakt Pflege, können auf der Homepage des BMG nachgelesen werden: www.bundesgesundheitsministerium.de
Hinsichtlich der Positionierung des GKV-Spitzenverbandes lohnt ein Besuch von: www.gkv-spitzenverband.de