Das Gesetz zur Modernisierung und Digitalisierung der Schwarzarbeitsbekämpfung ist ein bereits aus der 20. Legislaturperiode bekanntes Vorhaben, fiel aber der Diskontinuität aufgrund des Auseinanderbrechens der Ampel-Koalition zum Opfer. Aber bereits im schwarz-roten Koalitionsvertrag für die 21. Legislaturperiode ist das Gesetzgebungsverfahren wieder aufgegriffen worden (Zeilen 526-530):
"Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit wollen wir weiter stärken und so härter gegen diejenigen vorgehen, die illegale Beschäftigung betreiben oder schwarzarbeiten. Mit einer besseren digitalen Vernetzung wollen wir Kontrollen möglichst bürokratiearm und effektiv gestalten. Das Friseurgewerbe ist in den Katalog der Branchen im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz aufzunehmen."
Der Gesetzentwurf ist am 6. August 2025 vom Bundeskabinett beschlossen und ins parlamentarische Verfahren eingebracht worden.
Hinweis:
Am Umfang des Gesetzentwurfs von etwa 180 Seiten ist bereits abzulesen, dass die beabsichtigten Rechtsänderungen vielschichtig sind – unsere Darstellungen bleiben daher auf wesentliche Aspekte der Sozialversicherung beschränkt.
Das Inkrafttreten soll überwiegend am Tag nach der Verkündung erfolgen, insofern lässt sich zum letztendlichen Termin derzeit noch keine Aussagen treffen.
Problemstellung und Zielsetzung
Die Modernisierung und Digitalisierung der Schwarzarbeitsbekämpfung soll dem Ziel dienen, die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) der Zollverwaltung besser für die Zukunft aufzustellen, damit sie noch effizienter und wirksamer wird. Denn eine wirksame Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung schützt insbesondere den Sozialstaat mit seinem sozialen Sicherungssystem, den Rechtsstaat sowie die betroffenen Arbeitnehmer und gewährleistet zugleich einen fairen Wettbewerb zwischen den redlichen Arbeitgebern. Die effektive Schwarzarbeitsbekämpfung durch die FKS kann die Konsolidierung der Staatsfinanzen und die Sicherung der Sozialsysteme durch die Verhinderung von Steuer- und Beitragsausfällen positiv beeinflussen.
In der Vergangenheit wurde jedoch wiederholt u. a. durch den Bundesrechnungshof und die Mindestlohnkommission bemängelt, dass die FKS nicht den gewünschten Effekt erzielen würde, da die bereits im Vorfeld der Prüfungen vorhandenen Daten nicht ausreichend genutzt und dadurch bei einem Großteil der Prüfungen keine Verstöße aufgedeckt würden. Zugleich verliefen die Prüfungen noch nicht effektiv genug, da teilweise noch analoge Dokumentations- und Kommunikationswege genutzt werden, die den Prüfablauf verlangsamen, u. a. durch Medienbrüche und doppelte Datenerfassungserfordernisse.
Daher soll der mit dem Gesetz gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch vom 11. Juli 2019 eingeschlagene Weg hin zu einer zentralen Prüfungs- und Ermittlungsbehörde fortentwickelt werden, um die Aufgabenwahrnehmung der FKS zielgerichteter, moderner, digitaler und schlagkräftiger auszurichten.
Wichtig:
In diesem Zusammenhang sollen u. a. die Prüfungen in den besonders anfälligen Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen weiter priorisiert und der Katalog der für Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung besonders anfälligen Branchen im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) an aktuelle Entwicklungen angepasst werden.
Branchen-Katalog (§ 2a SchwarzArbG)
- Baugewerbe
- Gaststätten-/Beherbergungsgewerbe
- Personenbeförderungsgewerbe
- Speditions-, Transport- und damit verbundene Logistikgewerbe
- Schaustellergewerbe
Unternehmen der Forstwirtschaft- Gebäudereinigungsgewerbe
- Unternehmen, die sich am Auf- und Abbau von Messen beteiligen
- Fleischwirtschaft, zunächst für 5 Jahre mit Ausnahme des Fleischerhandwerks
- Prostitutionsgewerbe
- Wach- und Sicherheitsgewerbe
- Friseur- und Kosmetikgewerbe
Mitführungs- und Sofortmeldepflicht
Mit dem Gesetz zur Modernisierung und Digitalisierung der Schwarzarbeitsbekämpfung ergeben sich u. a. Auswirkungen auf die Mitführungs- und Vorlagepflicht von Ausweispapieren in den Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen gemäß § 2a SchwarzArbG.
In den gelisteten Branchen besteht ein erhöhtes Risiko für Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung, weshalb hier Schwerpunkte der Arbeit der FKS liegen. Diese sind laut Gesetzesbegründung „u. a. geprägt durch eine hohe Personalfluktuation, die Ausübung von Tätigkeiten nicht in festen Betriebsstätten oder häufig wechselnde Arbeitsorte, einen hohen Anteil entsandter oder ausländischer Beschäftigter, eine niedrige Entlohnung sowie erschwerte Prüfungsbedingungen für die FKS“. Der Branchen-Katalog soll aktualisiert und an die Entwicklung der letzten Jahre angepasst werden.
Damit verbunden sind – neben der Mitführungs- und Vorlagepflicht für die Arbeitnehmer – Informations- bzw. Dokumentationspflichten für die betroffenen Arbeitgeber:
- Hinweispflicht nach § 2a Abs. 2 SchwarzArbG; zum Zeitpunkt der Hinweispflicht des Arbeitgebers soll in § 2a Abs. 2 SchwarzArbG übrigens klarstellend ergänzt werden, dass der Hinweis gegenüber jedem Arbeitnehmer nachweislich und schriftlich bereits „vor der Erbringung der Dienst- oder Werkleistungen“ erfolgen muss
- Sofortmeldepflicht nach § 28a Abs. 4 SGB IV
- Melde- und Arbeitszeitaufzeichnungspflicht nach §§ 16/17 MiLoG
Die neu hinzukommende Branche Friseur- und Kosmetikgewerbe (im Gesetzentwurf der 20. Legislaturperiode noch „Friseurgewerbe“) ist nach den Beobachtungen und Feststellungen der FKS besonders stark von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung betroffen. Die gewählte Branchenbezeichnung wird hergeleitet aus der amtlichen Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2025 (WZ 2025), Kode 96.21.0 „Frisör- und Barbiersalons“ sowie Kode 96.22.0 „Kosmetiksalons und ähnliche Schönheitsbehandlungen“. Die Branche „Friseur- und Kosmetikgewerbe“ umfasst demnach Haarwäsche, Schneiden, Legen, Färben, Tönen, Wellen, Glätten und ähnliche Friseurdienstleistungen für Männer, Frauen und Kinder sowie Rasur und Bartpflege; ausdrücklich sind auch sog. Barbershops davon erfasst. Somit fallen Friseursalons inkl. Barbershops unter die neu gewählte Branchenbezeichnung. Ebenso soll (jetzt) die Branche des Kosmetikgewerbes u. a. die Dienstleistungen Gesichtsmassage, Maniküre, Pediküre, Schminken usw. erfassen. Damit sind insbesondere auch die in der Vergangenheit für Schwarzarbeit auffälligen Nagelstudios erfasst.
„One in, one out“
Die seit 2009 im Branchenkatalog enthaltene Forstwirtschaft wird im Gegenzug gestrichen, da diese nach den Erkenntnissen der FKS in den letzten Jahren keine besondere Risikobranche mehr darstellt und die Beteiligten hierdurch eine bürokratische Entlastung erfahren. Die Analyseergebnisse der Generalzolldirektion würden laut Gesetzesbegründung zeigen, dass die Forstwirtschaft in der Gesamtbetrachtung der branchenbezogenen Prüfungsergebnisse und im Branchenvergleich in allen abgebildeten Prüfungsaspekten nur eine untergeordnete Bedeutung hatte.
Fleischwirtschaft künftig ohne Fleischerhandwerk
Der Anwendungsbereich des § 2a SchwarzArbG wird im Bereich der Fleischwirtschaft in der Form eingeschränkt, dass das Fleischerhandwerk nach § 2 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft ausgenommen wird.
Befristung: Der Gesetzgeber sieht die Gefahr, dass durch Anpassung der Unternehmensstruktur und Herausgliederung oder Zersplitterung von Unternehmensbereichen die Neuregelung umgangen und missbräuchlich von der Handwerksausnahme Gebrauch gemacht wird. So könnten kleinere Industrieunternehmen versucht sein, sich als Handwerksbetriebe zu deklarieren. Auch eine Abspaltung von Industriebereichen in rechtlich selbstständige Handwerkseinheiten wäre möglich. Um eine missbräuchliche Ausnutzung der Handwerksausnahme zu verhindern, wird die Neuregelung befristet und tritt in fünf Jahren nach dem Inkrafttreten des Gesetzes wieder außer Kraft.
Wichtig:
Ob und ggf. wie die geplante Regelung des § 2a Abs. 1 Nr. 8 SchwarzArbG angepasst oder fortgeführt werden soll, wird im Rahmen einer Evaluierung geprüft. Dabei wird untersucht, ob die Ziele des Gesetzes trotz der Einschränkung des Anwendungsbereichs erreicht oder gefördert wurden und ob es zu Umgehungen des Anwendungsbereichs durch die Fleischindustrie kam oder vermehrt Verstöße im Fleischerhandwerk aufgetreten sind.
Anwendung auch im Nachweisgesetz
Das Viertes Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) vom 23. Oktober 2024 sorgte für eine Erleichterung dadurch, dass seit dem 1. Januar 2025 vielfach auf die bislang verpflichtende Schriftform zugunsten der Textform gem. § 126b BGB verzichtet werden kann, sodass grundsätzlich auch eine E-Mail, SMS oder Messenger-Nachricht ausreichend wäre. Gemäß Gesetzesbegründung erlaube die Formerweiterung es Unternehmen, Abläufe in ihren Personalverwaltungen zu digitalisieren. Gleichzeitig würde das berechtigte Interesse der Arbeitnehmer gewahrt, ihre Arbeitsbedingungen im Streitfall einfach nachweisen zu können.
Konkret ermöglicht die Formerweiterung (§ 2 Abs. 1 NachwG) es Arbeitgebern, die Niederschrift der wesentlichen Vertragsbedingungen anstelle der schriftlichen Niederlegung und Aushändigung unter den im Gesetz geregelten näheren Voraussetzungen alternativ in Textform abzufassen und den Arbeitnehmern elektronisch zu übermitteln. Wie schon bislang hinsichtlich der Schriftform, so gilt auch in Zukunft: Ist dem Arbeitnehmer bereits ein Arbeitsvertrag in Textform übermittelt worden, entfällt die Verpflichtung nach dem Nachweisgesetz (vgl. § 2 Abs. 5 NachwG).
Wichtig:
Eine Ausnahme von der Textform bilden die Branchen nach § 2a Abs. 1 SchwarzArbG, denn hier erachtet der Gesetzgeber die Beibehaltung der Schriftform zum Schutz der Arbeitnehmer weiterhin für erforderlich. Bezogen auf die Anpassungen mit dem Gesetz zur Modernisierung und Digitalisierung der Schwarzarbeitsbekämpfung ergibt sich daraus, dass die Textform in der Forstwirtschaft sowie im Fleischerhandwerk künftig möglich ist, im Friseur- und Kosmetikgewerbe jedoch nicht.
Sofortmeldepflicht
Sofern sie Arbeitnehmer in den genannten Branchen beschäftigen, haben Arbeitgeber gemäß § 28a Abs. 4 SGB IV den Tag des Beginns eines Beschäftigungsverhältnisses spätestens bei dessen Aufnahme an die DSRV (Datenstelle der Rentenversicherung) zu melden (Abgabegrund „20“).
Dadurch können Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung durch die FKS leichter aufgedeckt bzw. nachgewiesen werden. Die Kontrollbehörden können unmittelbar vor Ort feststellen, ob das Beschäftigungsverhältnis bereits der Sozialversicherung gemeldet wurde. Damit wird z. B. die Behauptung erschwert, die Arbeit sei erst am Tag der Überprüfung aufgenommen worden und eine Meldung damit noch nicht erforderlich. Der Datensatz wird bei der DSRV so lange vorgehalten, bis die eigentliche DEÜV-Anmeldung erfolgt ist. Verstöße gegen die Sofortmeldepflicht gelten als Ordnungswidrigkeit, der Arbeitgeber kann mit einem Bußgeld von bis zu 25.000 EUR belegt werden.
Zur Beurteilung der Zugehörigkeit zu einer der genannten Branchen ist die von der Bundesagentur für Arbeit vergebene Wirtschaftsklasse maßgebend. Arbeitgeber, die den betroffenen Wirtschaftsklassen zugeordnet sind, müssen für alle bei ihnen beschäftigten Arbeitnehmer Sofortmeldungen abgeben.
Sofortmeldungen müssen
- den Familien- und die Vornamen des Beschäftigten,
- seine Versicherungsnummer, soweit bekannt, ansonsten die zur Vergabe einer Versicherungsnummer notwendigen Angaben (Tag und Ort der Geburt, Anschrift),
- die Betriebsnummer des Arbeitgebers sowie
- den Tag der Beschäftigungsaufnahme enthalten.
Wichtig:
Auch die geplante Regelung zur Einschränkung des Anwendungsbereichs im Bereich der Fleischwirtschaft (nach § 28a Abs. 4 Nr. 8 SGB IV) ist zunächst befristet und tritt in fünf Jahren nach dem Inkrafttreten des Gesetzes wieder außer Kraft. Ob und ggf. wie die Regelung angepasst oder fortgeführt werden soll, wird im ebenfalls Rahmen einer Evaluierung geprüft.